Bericht vom 12. Wohnzimmergespräch: Digitale Transformation – die Folgen für Selbstbestimmung, Bildung und Demokratie

bei Barbara und Gerhard Härer am 24.09.2019

Eingeladen war Prof. Helmuth Kern untrennbarer Teil des Künstler-Duos Erika und Helmuth Kern aus Neckartenzlingen.

Hier in Aichtal eingeladen wegen seines mit großem Engagement betriebbenen Einsatzes gegen die ‘alternativlose’ Einführung des G5-Netzes.

Als langjähriges Mitglied der GRÜNEN sieht er seine Partei in der Verpflichtung, nicht bedingungslos vor allem wirtschaftlich bestimmten Interessen zu folgen, sondern derart tief greifende und gesellschaftsverändernde Projekte vor ihrer Einführung sorgfältig zu prüfen, Unklarheiten zu beseitigen, Entscheidungen abzuwägen und gesundheitliche Bedenken ernst zu nehmen.

Der Hintergrund

Seine Positionierung resultiert zum einen aus seiner padägogisch orientierten Vergangenheit in der Lehrerbildung, zum anderen aus seinen bis heute andauernden künstlerischen Aktivitäten.

‘Der Mensch verfügt über elf Sinne, wieso verzichtet er durch die immer häufiger genutzte virtuelle Welt unaufgefordert auf wichtige davon?’

Als einer der Vorsitzenden der Ortsgruppe Mobilfunk* hat er sich ausführlich mit Fragen des Mobilfunks, besonders seiner anstehenden Erweiterung befasst, zu einer Vielzahl von Vorträgen eingeladen, um zu sensibilisieren.

 ‘Entscheiden muss jeder selbst, aber vorher informieren sollte man sich schon.’

Diese Aussage gilt für ihn nicht nur in Bezug auf die an diesem Abend diskutierte Technologie, sondern auch auf sein generelles Demokratie-Verständnis.

Die Position

Bekannt ist, dass die Koordination unserer Körperfunktionen über das Gehirn durch elektrische Impulse gesteuert wird. Es entstehen schwache Magnetfelder, die selbstverständlich Einflüssen von Außen ausgesetzt sind. Welche Folgen das haben kann, bleibt unklar.

Wie bei radioaktiver Strahlung sind auch Funkwellen oder Magnetfelder unsichtbar. Bis auf elektro-sensible Menschen spüren wir hierin der Regel nichts, zunächst nichts, muss man sagen.

Die bisher vorliegenden Untersuchungen enthalten gegensätzliche Aussagen und Bewertungen. Langzeit-Untersuchungen fehlen. Pädagogen und wissenschaftlich aktive Psychologen, wie z.B. Manfred Spitzer**, fordern seit langem, Kindern und Jugendlichen auch wegen sozialer Kompetenzprobleme bei der Nutzung digitaler Medien, Zurückhaltung aufzuerlegen. Digitale Medienkompetenz können Jugendliche erst später verantwortungsvoll einsetzen. Die Waldorfschulen praktizieren diese Auffassung seit vielen Jahren.

Soweit alles gut, die Gäste des Abends folgen Helmuth Kern hier absolut und sind mit diesen Ansätzen einverstanden.

Die Diskussion

Einige der Gäste kommen zu Wort: ‘Meine Kinder sind zu Digital Natives geworden, mein Arbeitsplatz ist eingebunden in ein digital bestimmtes Geräteumfeld, eigentlich kann ich nichts mehr sinnvoll erledigen, ohne digitale Technik zu benutzen. Was ich kreativ bearbeiten und präsentieren muss geht nicht mehr ohne Computer und schnelles Netz. Man erwartetdas von mir.‘

Und natürlich hängt unser Wirtschaftswachstum (dazu nur eine einzige kritische Anmerkung und die Erwähnung des Begriffes POST-WACHSTUM) mit der Weiterentwicklung dieser Technologien zusammen. ‚Sollen wir uns von anderen Ländern hier abhängen lassen?‘

Und überhaupt, jeden Tag erfahren wir, dass z.B. die produzierende Industrie im Ländle händeringend auf die Implementierung der G5-Netze wartet, um endlich (noch) produktiver und schneller zu werden.’

Langfristige Folgen wie z.B. Energiebedarf und  damit Klimageschehen, der Einsatz dieser Technologien in Schwellen- und Entwicklungsländern sind bisher kaum absehbar.

Datenschutzskandale sind trotz DSGVO (Datenschutzgrundverordnung) nicht weniger geworden, ein dadurch ausgelöstes besseres Verständnis im Umgang mit den eigenen Daten sei aber zu verzeichnen.

Nach vielen kritischen und selbstkritischen Beiträgen melden sich endlich auch einige der Jüngeren: ‚Die digitale Entwicklung hat doch auch viel Positives bewirkt. Die Kommunikation (auch zwischen den Generationen und über weite Entfernungen) ist deutlich einfacher geworden, KINDLE + Co sind sicher umweltschonender als Unmengen von Büchern, die zweimal gelesen werden und dann im Schrank verschwinden, die weitere Wälder kosten und damit unsere Klimabilanz dauerhaft verschlechtern. Wir bewegen uns jetzt auch mittels elektrischer Antriebe, leise und unter Verzicht auf fossile Brennstoffe.Und – ganz wichtig – in vielen autokratisch regierten Ländern können sich Kritiker und Demokraten über Facebook, Twitter unterhalb der Staatsmedien  informieren, abstimmen und formieren.‘

Das Fazit

Wie auch immer, schwarz/weiß ist auch an diesem Abend kaum möglich, und Zukunft kann leider noch immer nicht vorhergesehen werden. Absicht des Abends war es auch, Helmuth Kern die Gelegenheit zugeben, seine Wünsche an grüne Politik zu formulieren.

Das sind seine Vorstellungen, die auch die Gäste des Abends mit tragen:

– im Bildungsbereich digital-kritische, wissenschaftliche Erkenntnisse mit Nachdruck umsetzen

– 5G nicht ohne Technikfolgen-Abschätzung einsetzen

– Langfrist-Untersuchungen in diesem Bereich konsequent ansetzen und die Ergebnisse zur Diskussion stellen

Wie übermittelt man Anliegen wie diese aus der Zivilgesellschaft an die Politik? Dazu das Schlusswort von Gastgeber Gerhard Härer: ‚Werdet politischer, das könnt Ihr auch ohne Partei-Zugehörigkeit sein. Bringt Euch ein, wendet Euch an die Politiker direkt, beteiligt Euch in den entsprechenden Landesarbeitsgemeinschaften.‘***

*          InfoMobilFunk Ortsgruppe Neckartenzlingen und Umgebung

**         Spitzer, Manfred, Digitale Demenz, Droemer Knaur, München 2o12

***        LAG BILDUNG GRÜNE BW

Frank Huster, Neckartenzlingen
OV Aichtal-Neckartal

Nachsatz:

Laut gelacht hab ich am Tag danach während der Sendung „Lesch’s Kosmos“ zum Thema Digitalisierung. Lesch berichtete, dass ausgerechnet die Erfinder*innen der Digitalisierung im Silicon Valley teilweise ihre Kinder in Waldorfschulen schicken, weil dort die digitale Bildung wesentlich später einsetzt…..selbst in Singapur protestieren inzwischen Eltern und fragen, ob das was da mit den Kindern gemacht wird richtig ist (Gerhard Härer)

 

 

 

 

 

 

 

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